MACHTWORTE: Konzert der Berliner Domkantorei

Es sind intensive, teils herausfordernde Klang- und Worterlebnisse, die der mit rund dreißig Sängerinnen und Sängern besetzte Kammerchor der Berliner Domkantorei den Zuhörern beschert und auch abverlangt.
Das von Domkantor Adrian Büttemeier konzipierte Programm liegt weit abseits herkömmlicher Chormusik. Zum einen, weil es ausschließlich Musik der Gegenwart umfasst, zum anderen, weil sich die Stücke thematisch im Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht von Sprache bewegen. Dieser Spannung folgt die kluge Dramaturgie der Auswahl, die ausschließlich Werke von Komponistinnen enthält. In der aktuellen internationalen Chormusik spielen Werke von Komponistinnen wie Caroline Shaw (*1982), Kim Porter (*1965), Anna Katrin Klockar (*1960) oder Lucia Birzer (*1995) eine selbstverständliche, impulsgebende Rolle.
Chormusik auf dem außergewöhnlich hohen Niveau dieses erst 2023 gegründeten Ensembles – in Präsenz, Intonationssicherheit und Klanghomogenität – berührt im traditionellen Sinne, wirkt aber vor allem herausfordernd durch Reibungen, das Wechselspiel von Dissonanzen und Konsonanzen sowie unerhörte Möglichkeiten der menschlichen Stimme, des Atmens und percussiv-geräuschhafter Elemente, die mit der akkordischen Tonsprache verschmelzen.
Adrian Büttemeiers klare, natürliche und zugleich präzise Zeichengebung fordert dem Chor wie den Zuhörern auf wirkungsvoll entwickelten Höhepunkten das gesamte dynamische Spektrum ab – von Klängen an der Grenze zur Stille bis zu einem Volumen, das den Kapellenraum sprengt.
Dem Chor verlangt die klare Raumatmosphäre und Akustik höchste Konzentration auf Intonation und Absprache ab, erleichtert dem Publikum aber das Erfassen der Sprachinhalte – in überraschender Verbindung mit Musik. Etwa in der aufrüttelnden Rede „Die Rechte einer Frau“ von Olympe de Gouges (1748–93), der Kapitulationsrede des indigenen Häuptlings Hinmuuttu yalatlat (1840–1904) oder in „Evening Prayer“, der Psalmvertonung von Evita Rudžionyte. Auch surrealistischer Humor kommt nicht zu kurz, etwa in Caroline Mallonées klingendem Frage-und-Antwortspiel mit einer Internet-Suchmaschine, in dem Sinn und Unsinn musikalisch verknüpft werden.
Das Publikum dankte dem Chor und seinem Dirigenten mit langanhaltendem Beifall, der eine Zugabe einforderte. Mit Clara Schumanns „Gondoliera“ – einer romantischen Komposition der berühmten Vorkämpferin für die Anerkennung von Komponistinnen – endete ein bewegender, spannender Konzertabend, ganz am Puls aktueller Musik und brennender Zeitfragen.
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