Modell des Turms der Garnisonkirche, Quelle: SGP
Der wiedererstehende Garnisonkirchenturm wird im äußeren Erscheinungsbild dem zerstörten Gebäude entsprechen und im Inneren den Anforderungen zukunftsorientierter Nutzungen Rechnung tragen. Der Entwurf für den Turm stammt von dem renommierten Architektenbüro Hilmer & Sattler und Albrecht und enthält einen zentralen, großzügigen und funktionalen Raum. Er ist als Kapelle und Ort des Gedenkens vorgesehen.
Garnisonkirche Potsdam Plan für den Wiederaufbau, Bildquelle: Arbeitsgemeinschaft Wiederaufbau Garnisonkirche Potsdam – 1.BA Turm
Die reichhaltig vorhandenen Quellen erlauben eine Rekonstruktion der ursprünglichen Architektur der Garnisonkirche, in historischer Bauweise und mit authentischem Material. So wird ein Hauptwerk des preußischen Barocks, dessen Baumeister Philip Gerlach war, wiedererstehen.
Wie Untersuchungsergebnisse ergaben, sind die Reste der Fundamente nicht mehr tragfähig. Daher wird eine neue Bodenplatte über die Fundamentreste gelegt, sodass die alte Gründung erhalten bleibt. Es wird eine Tiefgründung mit 38 Bohrpfählen von je 37 m Länge angelegt.
Für die Planung des Innenausbaus sind die späteren Nutzungsabsichten der Räume ausschlaggebend. Die technische und räumliche Ausstattung entspricht den heutigen Anforderungen und Normen. Die Besucherinnen und Besucher können alle Etagen barrierefrei mit einem Aufzug erreichen.
Kapelle im Turm der Garnisonkirche, Bildquelle: Arbeitsgemeinschaft Wiederaufbau Garnisonkirche Potsdam, 1. Bauabschnitt (Turm)
Dieser soll bis zur Aussichtsplattform in 57 Metern Höhe fahren, wo sich ein herrlicher Rundblick über die Stadt bietet. Unter der Turmhaube wird wieder ein Glockenspiel eingebaut, dessen Melodien in ganz Potsdam zu hören sein werden. Die geplanten Kosten für den ersten Bauabschnitt (Turm) belaufen sich auf ca. 38 Millionen Euro. Die Erarbeitung der Bauplanungsunterlagen wurde in den Jahren 2011 bis 2014 aus Mitteln des Landes Brandenburg und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien gefördert. Im Oktober 2017 haben die Bauarbeiten für den Turm der Garnisonkirche begonnen.
Der Turmbau folgt in der äußeren Form den historisch überlieferten Erkenntnissen. Nach der Entwurfsplanung ist ein Raumprogramm vorgesehen, das der Mehrfachnutzung als Kirche, Erinnerungs- und Bildungsstätte entspricht.
Erinnern
Die im Schnitt rötlich gefärbten Räume sollen eine ca. 300 qm große Ausstellung über zentrale historische Themen aufnehmen und damit zur vertieften Beschäftigung mit der Geschichte dieses Ortes anregen.
Lernen
In dem Geschoss unterhalb der Ausstellungsebenen (gelb angelegt) werden u. a. in zwei Seminarräumen der Inhalt der Ausstellung und weitere Themen behandelt. Hierbei wird ein besonderer Schwerpunkt auf Bildungsarbeit mit jungen Menschen im europäischen Kontext liegen. Die Bildungsarbeit wird durch eine eigene Bibliothek unterstützt.
Leben
Im Turmschaft erschließen der Aufzug und die spiralförmig angeordnete Treppe die Aussichtsplattform (hellbau). Oberhalb der Aussichtsplattform befindet sich das Glockenspiel. Im Erdgeschoss sind neben dem Eingangsbereich mit Kasse und einem Verkaufsbereich (rechts) auch ein auf der gegenüberliegenden Seite angeordnetes Café (blaue Einfärbung) geplant.
Geistliches Leben
In der neuen Kapelle wird die Erinnerung an öffentliches Handeln aus christlicher Verantwortung ihren besonderen Ort haben. Dieser Andachtsraum (im Schnitt hellgrün dargestellt) wird durch Nebenräume wie eine Sakristei und zwei Arbeitszimmer für die Pfarrerinnen und Pfarrer ergänzt.
Das Äußere des Turms wird weitestgehend in der historischen Form von 1730/35 wiederhergestellt, einschließlich der Wetterfahne, die schon heute originalrekonstruiert vor der Nagelkreuzkapelle steht.
Im Äußeren weitestgehend dem historischen Vorbild entsprechend entstehen im Inneren des Turmes gänzlich neue Räume. Auf 1.200 qm Nutzfläche wird Raum für Erinnern, Lernen und Leben geschaffen: Es wird Seminarräume, Ausstellungsflächen und eine Kapelle geben. Ein Aufzug wird die behindertenfreundliche Auffahrt zur Aussichtsplattform in 60 Meter Höhe ermöglichen.
In der Turmlaterne wird auch ein Glockenspiel wieder seinen Platz finden.
Geplant ist ein schwingendes Geläut aus vier großen Glocken. Zur Zeit liegen zwei Alternativen für die Klangdisposition vor. Beide Varianten fügen sich in die vorhandene „Klanglandschaft“ der Glocken Potsdams ein.
Der erhaltene Feldaltar der Garnisonkirche steht schon heute in der Nagelkreuzkapelle, wo er für Gottesdienste genutzt wird. Über die Details der Ausstattung der neuen Turmkapelle ist noch nicht entschieden.
Es wird angestrebt, die Umgebung der Garnisonkirche weitestmöglich in den Zustand vor ihrer Zerstörung zu bringen. Vor dem Eingang des Turms zur Kapelle wird ein großes Nagelkreuz errichtet werden. Die Wiedergewinnung der historischen Mitte ist auch eines der Sanierungsziele der Stadt Potsdam.
Der Potsdamer Dreikirchenblick, Bildquelle: arte4D | Arstempano Andreas Hummel
Die Garnisonkirche Potsdam bildete zusammen mit der Heiligengeist- und Nikolaikirche den charakteristischen Potsdamer „Dreikirchenblick”. Am Standort der Garnisonkirche treffen zahlreiche Sichtachsen der von Peter Joseph Lenné (1789-1866) gestalteten Havellandschaft mit ihren Aussichtspunkten zusammen.
Die Planung der Stadt Potsdam sieht eine behutsame Wiederannäherung an den historischen Stadtgrundriss vor. Stadtschloss, Stadtkanal und Garnisonkirche bildeten das Herz der historischen Innenstadt und damit den Schwerpunkt der Wiederherstellung. Die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, der Verein Potsdamer Stadtschloss e.V., der Förderverein für die Wiederherstellung des Stadtkanals und die Bürgerinitiative „Mitteschön!” haben deshalb eine enge Zusammenarbeit vereinbart.
Verein Potsdamer Stadtschloss e.V.
www.stadtschloss-potsdam.org
Bürgerinitiative „Mitteschön!“
Ruine der Garnisonkirche Potsdam, Bildquelle: Archiv der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche e.V.
Nach dem Bombenangriff 1945 waren von der Garnisonkirche Teile des Kirchenschiffs und der hochaufragende Turmstumpf geblieben. Jedoch zog schon 1950 die Heilig-Kreuz-Gemeinde in eine im Turm hergerichtete Kapelle ein. In den 1960er Jahren begann man mit der Herrichtung der Kirchenruine, Besucher konnten den etwa 60 Meter hohen Turm wieder besteigen. Wie andere Kirchen in der DDR auch wurde die wiederaufbaufähige Garnisonkirche Potsdam 1968 auf Geheiß des Staates gesprengt.
Bereits 1987 ließ die „Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V.” das Glockenspiel wiederherstellen und übergab es am 14. April 1991 an die Stadt Potsdam. Der Vorsitzende der Traditionsgemeinschaft und der später gegründeten „Stiftung Preußisches Kulturerbe” konnte sich jedoch mit der Evangelischen Kirche und der Stadt nicht über die spätere Nutzung der Garnisonkirche einigen. Es wurden von Seiten der Traditionsgemeinschaft Forderungen mit der Bereitstellung der gesammelten Spenden verknüpft, die in untragbar waren. Die in Kirche und Stadt Verantwortlichen entschieden, unter derartigen Voraussetzungen keine von der Traditionsgemeinschaft gesammelten Gelder anzunehmen. Dies geschah auch in dem Bewusstsein, dass sicherlich viele der Spenderinnen und Spender mit den als reaktionär zu bezeichnenden Zielen des Vorstands der Traditionsgemeinschaft keine Übereinstimmungen hatten. 2004 erfolgte durch Gründung der FWG und basierend auf dem Ruf aus Potsdam ein Neustart der Sammlung in klarer Distanzierung von der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel.
2004 wurde die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche e.V. gegründet, die heute über 900 Mitglieder hat. Im gleichen Jahr erscholl der Ruf aus Potsdam, der unter der Schirmherrschaft von Bischof Wolfgang Huber, Ministerpräsident Matthias Platzeck und Innenminister Jörg Schönbohm zum Wiederaufbau der Garnisonkirche aufruft. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, der Kirchenkreis Potsdam, der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein und die Landeshauptstadt Potsdam gründeten 2008 die Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Diese ist die Bauherrin und spätere Trägerin der Kirche.
Die Kapelle an der Garnisonkirche wurde 2011 eingeweiht, die darin befindliche Ausstellung zu Garnisonkirche 2012 eröffnet. Die Baugenehmigung für den Wiederaufbau des Garnisonkirchenturms wurde 2013 erteilt, zur Zeit arbeiten Fördergesellschaft und Stiftung an den Bauplanungen, um möglichst bald mit den Baumaßnahmen beginnen zu können.
Im Juni 2017 sagt der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu, die Schirmherrschaft über den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam zu übernehmen.