05/09/2018 | „Wir haben das Teil gerettet – naja, geklaut.“

Roland Fiedler hat sich gut vorbereitet: Er hat nicht nur das Teil des Gitters mitgebracht, das in der alten Garnisonkirche zur Chorbrüstung gehörte, sondern auch einen Regenmantel, um zu demonstrieren, wie er 1962 mit seinem Freund Ernst Haiger das gute Stück von Potsdam nach Westberlin geschmuggelt hat.

Ernst Haiger und Roland Fiedler mit "ihrem" Brüstungsgitterteil am Baufeld der Garnisonkirche, Foto: SGP

Ernst Haiger und Roland Fiedler mit "ihrem" Brüstungsgitterteil am Baufeld der Garnisonkirche, Foto: SGP

Roland Fiedler hat sich für die Übergabe am 9. Mai in den Ausstellungsräumen am Baufeld der Garnisonkirche gut vorbereitet: Er hat nicht nur das Teil des Gitters mitgebracht, das in der alten Garnisonkirche zur Chorbrüstung gehörte, sondern auch einen Regenmantel, ein Buch der DDR-Denkmalpflege und eine Zeitung, um zu demonstrieren, wie er damals, 1962, mit seinem Freund Ernst Haiger, das gute Stück von Potsdam nach Westberlin geschmuggelt hat. Ein Jux von Studenten, der nach Jahrzehnten ein würdiges Ende findet.

„Wir haben in Berlin studiert“, erzählt Fiedler, der, 1940 geboren wie Haiger, seit Jahrzehnten in Bayern wohnt. Ausflüge nach Ostberlin waren für Bürger mit westdeutschem Wohnsitz einfacher als für Westberliner – allerdings durften auch sie nicht einfach so ins Umland der DDR-Hauptstadt reisen. Dennoch seien sie nach Potsdam gefahren, hätten sich – notdürftig und nicht erfolgreich, wie er später lernte –, „als Ostdeutsche getarnt, mit alten Klamotten und einem ‚Neuen Deutschland‘ unterm Arm“. Er muss selbst grinsen, während er das erzählt. „Wir hätten uns dumm gestellt, wenn man uns erwischt hätte“, ergänzt Haiger. Und bei einem ihrer Ausflüge habe die beiden Studenten auch die Ruine der Garnisonkirche aufgesucht.

Noch 1962 waren vor allem Frauen damit beschäftigt, die Trümmer in Loren zu packen und wegzufahren, „vor allem Steine, aber eben auch einiges Metall“. Fiedler hat das Brüstungsgitterstück gefunden und unterm Regenmantel verborgen. Am Übergang Bahnhof Friedrichstraße, „dem schrecklichsten Bahnhof der Welt“, erhöhte sich der Adrenalinpegel – aber niemand merkte etwas. Sie kamen durch. Gerettet! Das rostige Original hing dann 30 Jahre lang an der heimatlichen  Gardinenstange – bis sein Finder vom Beginn der Bauarbeiten des Turmes der Garnisonkirche erfuhr.

Er vermutet, dass das 57 cm lange Fragment aus der neubarocken Nachrüstung Ende des 19.Jahrhunderts entstammt – jener „Barockisierung von Kaiser Wilhelms Gnaden“, wie der Potsdamer Architekt Christian Wendland es ausdrückt, der bei der Übergabe anwesend war.

„Das Stück wird seinen Platz in den 300 Quadratmetern Ausstellungsfläche des Turmes der Garnisonkirche finden“, versichert Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Stiftung. Er ruft dazu auf, der Stiftung weitere Original-Teile, Dokumente, Fotos etc. aus der Garnisonkirche zukommen zu lassen, – auch anonym –, sei es, wie bei diversen Sandsteinfragmenten, für einen Einbau im neuen Turm, sei es zur dokumentarischen bzw. museumspädagogischen Verwendung: „Für uns sind alle Originale sehr wertvoll.“ Und bedankt sich für die Ziegelspende, zu der Fiedler und Haiger sich  spontan entschlossen.

Hier geht es zum Ziegelspendenantrag.

Hier geht es zum neu aufgelegten Spendenkatalog 2018.

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