POTSDAM / INNENSTADT – „Die Stadt ist erst wieder geheilt, wenn neben dem Schloss der Turm der Garnisonkirche steht.“ Das sagte Manfred Stolpe, Ministerpräsident und Bundesminister a.D., gestern im Vorfeld der morgigen Konstituierung des Kuratoriums der Wiederaufbaustiftung. Neben ihm gehören unter anderen Ministerpräsident Matthias Platzeck, Bischof Wolfgang Huber, Siemens-Aufsichtsratsmitglied Gerd von Brandenstein und Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs dem elfköpfigen Gremium an. „Die kirchlichen Vertreter sollten die Mehrheit bilden“, begründete Stiftungsvorstand Peter Leinemann die ungewöhnliche Zahl.
Mit dem Kuratorium gibt es erstmals eine Rechtsperson als Ansprechpartner für die Spendensammlung und die Bauherrenschaft. Eine seriöse Erfassung der Baukosten nannte Stolpe als dringendste Aufgabe des Gremiums. Tatsächlich hat es für Irritationen gesorgt, dass Leinemann kürzlich noch von 25 Millionen Euro allein für den Turm sprach, die Fördergesellschaft aber kurz danach die Summe von 39 Millionen in Umlauf brachte. Stolpe hält die 25 Millionen für eine „vorsichtige Schätzung“.
Der Reformationstag 2017 als Fertigstellungstermin sei „kein übertriebenes Ziel“, sagte der SPD-Politiker. Dazu müsse man 2011 mit dem Bau beginnen. Leinemann sagte, die Stadt habe alle Planungsvoraussetzungen geschaffen. Er halte einen Baustart bei einem Spendenstand von fünf bis sieben Millionen Euro für sinnvoll. Stolpe sagte zum Spendenaufkommen: „Ich erwarte jetzt nicht den großen Knall.“ Man brauche Zeit. Wichtig sei am Ende, dass der Oberbürgermeister nicht bei Bildung oder Sozialem sparen müsse.
Auf Max Klaar angesprochen, der nach eigenen Angaben mehr als sechs Millionen Euro für den Wiederaufbau gesammelt hat, bezeichnete Stolpe das Verhältnis als „verkeilt“. Das Kuratorium stehe aber „nicht vor der Frage, ob, sondern wie man aufeinander zugeht“. Da sich der Turm entgegen früheren Plänen stark an der historischen Gestalt orientiere, gebe es für Klaar „keinen Grund mehr, sich rauszuhalten“.
Stolpe begründet sein persönliches Engagement für den Wiederaufbau nicht nur mit der Fehlstelle im barocken Stadtbild. Der Abriss sei 1968 auf Geheiß der SED-Spitze gegen Widerstände der Kirche und des Potsdamer Rathauses erfolgt. Mit der Verleihung des Coventry-Nagelkreuzes verbinde sich die Erwartung an ein Friedens- und Versöhnungszentrum. Und schließlich hätten die Widerständler des 20. Juli 1944 hier ihre Gemeindekirche gehabt und es gebe außer den Henkersstätten keine Anlaufpunkte für ein Gedenken.
Die Stiftung Garnisonkirche lädt für morgen, 18 Uhr, zum Gottesdienst in die Nikolaikirche ein. Laut Leinemann werden Spenden für ein Projekt gesammelt, in dem Jugendliche innerhalb eines freiwilligen sozialen Jahres für den Wiederaufbau arbeiten können. (Von Volkmar Klein)