Die Fotos hat er heute der Stiftung Garnisonkirche übergeben. Der damalige Superintendent des Kirchenkreises Potsdam, Rolf Stubbe, machte den Gemeindepfarrer Dietmar Saretz im Mai 1968 darauf aufmerksam, dass die Evangelische Kirche nur noch wenige Tage Eigentümerin der Garnisonkirche wäre. Also nutzte Pfarrer Saretz, der ambitionierter Hobby-Fotograf war, die Chance und besorgte sich den Schlüssel zur Garnisonkirche vom damaligen Küster und machte die Fotos vom Kircheninneren, sowie oben vom Turm.
Die rund 70 Fotos zeigen, wie die Garnisonkirche das Stadtbild bereicherte und dass sie mit der in ihr eingerichteten Heilig-Kreuz-Kapelle zum alltäglichen Leben der Potsdamer gehörte. Dr. Manfred Stolpe, der als Kuratoriumsmitglied die Bilder für die Stiftung entgegennahm, sagte: “Über diese Bilder freue ich mich sehr. Sie sind ein wunderbares Geschenk.“ Pfarrer Saretz äußerte sich auch zum Wiederaufbau der Garnisonkirche: „ Ich bin für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, weil ich ihre Sprengung als schmerzlich empfunden habe und weil damit eine Lücke im Stadtbild Potsdams und im Bewusstsein der Potsdamer geschlossen und ein Zeichen für Frieden und Versöhnung gesetzt wird.“
Einen besonderen Protest gegen die Sprengung der Garnisonkirche zeigt ein nun entdecktes Schreiben vom 14. März 1968 (Quelle Brandenburgisches Landeshauptarchiv). Der VEB Geräte- und Reglerwerke Teltow, eines der zukunftsorientiertesten Elektronikkombinate der DDR und aus der Geschichte des Computers nicht wegzudenken, protestiert am 14. März 1968 gegen den Abriss der Hof- und Garnisonkirche. „Mit sozialistischem Gruß!“ unterzeichnet der Leiter des Kollektivs Kurt Tucholsky sein Schreiben an den Rat der Stadt und die SED Oberbürgermeisterin Hanke. Ein Abriss der „Garnisonkirche“ wäre „Versündigung“. Der Kollektivleiter führt in seinem fünfseitigen Schreiben an, dass die Garnisonkirche hohen architektonisch-städtebaulichen Wert habe, unabdingbar für die Stadtsilhouette und das Stadtbild.
„Die Garnisonkirche ist der i-Punkt des Stadtpanoramas. Fällt er, verliert die ganze Stadt ihr Gesicht.“ Die Garnisonkirche abzureißen würde bedeuten „man muss dann auch Sanssouci abreißen“ – und das wäre nun vollkommen absurd. Der schwierigen deutschen Geschichte käme man so nicht bei. Preußen sei nicht alleine schuld an der Katastrophe des Krieges. Selbst kleine deutsche Staaten und Großmächte wie Frankreich und Österreich seien „militaristisch-expansionistisch“ gewesen. Weder das Verteufeln der eigenen Geschichte noch das „Rosinenherauspicken“ für die Zwecke der eigenen Gegenwart seien hier angebracht.
Der Chef des sozialistischen Arbeiterkollektivs fährt fort: „Jedes Schulkind kennt bei uns die Wesensart des feudalistischen Staates. Und es bedarf keines Dynamits und keiner Planierraupen, um das zu demonstrieren. Nach über 200 Jahren und mit Nüchternheit und Objektivität, ohne Leidenschaft aber mit Weisheit und der Toleranz der siegreichen, freien, wissenden sozialistischen Menschen müssen wir unsere Vergangenheit so nehmen, wie sie nun einmal ist und Denkmalpflege über jedes politische Bekenntnis hinweg als Auftrag betrachten, wie es jeder Kulturnation zukommt.“
Ein Bildersturm im 20. Jahrhundert „würde uns alle nur lächerlich machen“. Eine Antwort des Rates der Stadt Potsdam oder der SED Bezirksleitung, wo dieses Schreiben natürlich sofort landete, ist zumindest im Brandenburgischen Landeshauptarchiv nicht überliefert
Die Fotos von Pfarrer i.R. Saretz werden ab sofort auf der Onlineplattform der Stiftung unter www.garnisonkirche-wissen.de für alle Interessierte zu sehen sein. Sobald der Brief als Original-Scan vorliegt, wird er ebenfalls dort abrufbar sein.