POTSDAM / INNENSTADT – Eine kürzlich von der Bürgerinitiative „Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ vermutete Mitfinanzierung des Wiederaufbaus der Garnisonkirche durch die Bundeswehr schließt Altbischof Wolfgang Huber definitiv aus: „Das höre ich das erste Mal, dass die Bundeswehr das finanzieren soll. Es gab nie ein Gespräch über diese Idee.“ Öffentliche Fördergelder seien derzeit kein Thema beim Wiederaufbauprojekt, sagte Huber, der Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Garnisonkirche ist, am Donnerstag nach seinem Vortrag („Tyrannenmord“) in der temporären Kapelle an der Breiten Straße. Vor kurzem noch hatte der Altbischof die Unterstützung durch öffentliche Förderung, abseits von Stadt und Land, durchaus als finanzielle Möglichkeit ins Spiel gebracht. Ebenfalls „kein Thema“ für Huber: Die Finanzierung über die Militärseelsorge: „Über Möglichkeiten, die kein Thema sind, rede ich nicht“, sagte er zur MAZ.
Der Abend vor vollem Kapellenraum war in mancherlei Hinsicht eine Enttäuschung – in positiven Sinne. Insgeheim hatte wohl so mancher im Vorfeld des Vortrags mit etwas Randale gerechnet, nachdem von der Bürgerinitiative „Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ die Überreichung einer Unterschriftenliste an Huber angekündigt worden war. Doch statt Zoff und Krawallmacherposen auf der BI-Seite und empörten Abwehrreaktionen der Wiederaufbauer gab es dann beiderseits Höflichkeit pur zu bestaunen.
Bereits lange vor Beginn des Vortrags hatten die drei BI-Protagonisten Lutz Boede, Sandro Szilleweit und Henri Herborn in den Sitzreihen Platz genommen. Nach dem Vortrag meldete sich Herborn: „Wie wird in der Kirche mit dem deutschen Widerstand umgegangen? Wie wird er erzählt? Welche Rolle wird das Militär spielen?“
Mehr Transparenz bei den Plänen zur künftigen Nutzung der Kirche fordert die BI auch in ihrem Offenen Brief, den Herborn mit einem Handschlag an Huber übergab. Dieser hatte das Schreiben schon im Internet durchgelesen und nahm zu ein paar Punkten Stellung. In der Garnisonkirche solle „kein Gegenmythos geschaffen werden“, sondern „ein Erinnerungsort, der die unterschiedlichen Vergangenheiten thematisiert und so einen klaren Umgang mit Fragen von Widerstand und militärischer Gewalt“ ermögliche, so Huber. Ein „Ort des Militärs“ werde die Kirche definitiv nicht. Andererseits würden „Staatsbürger in Uniform sicher nicht ausgeschlossen“.
Boedes Fazit nach dem Abend: „Wir wissen immer noch nicht, was genau an Aktivitäten hier passieren sollen. Die inhaltliche Ausrichtung geht immer mehr weg von Versöhnung hin zum Thema der Rechtfertigung von Militäreinsätzen.“
Im Vortrag umriss Huber den Begriff vom „Tyrannenmord“, der in der antiken Demokratie entstand und der die – hochgeachtete – Beseitigung einer willkürlich an die Macht gelangten Person bezeichnet. Im Christentum, das Mord an sich ja zu den Todsünden zählt, nahm die Diskussion über die Legitimität einer solchen Handlung viel Raum ein. Weitere Etappen in Hubers Vortrag: die NS-Zeit mit Widerstandkämpfern wie Dietrich Bonhoeffer, dann die DDR („Man hat den Zugang zum 20. Juli versperrt, indem man Widerstand mit antifaschistischem Widerstand gleichsetzte.“) bis hin zum Grundgesetzartikel 20, in dem das Widerstandrecht verankert ist. (MAZ vom 12.05.2012, Von Ildiko Röd)