07/31/2013 | Grünes Licht für die Garnisonkirche

Der geplante Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche hat eine entscheidende Hürde genommen. Potsdam hat die Baugenehmigung erteilt. Schon 2017 soll die Replik des prägnanten

Der geplante Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche hat eine entscheidende Hürde genommen. Potsdam hat die Baugenehmigung erteilt. Schon 2017 soll die Replik des prägnanten Barockturms mit einer spektakulären Aussichtsplattform eingeweiht werden.

Potsdam. Es ist vollbracht: Die Baugenehmigung für die Wiedererrichtung des Turms der Garnisonkirche an der Breiten Straße ist erteilt. Die Übergabe der Unterlagen stellt nicht viel weniger als einen Quantensprung für ein Projekt dar, das viele Potsdamer noch heute für eine bessere Fata Morgana halten. Tatsächlich braucht es auch derzeit noch einiges an Fantasie, um sich auszumalen, dass 2017 – im Jubiläumsjahr der Reformation – die Replik des Barockturms mit Adler und Wetterfahne und spektakulärer Aussichtsplattform eingeweiht werden soll.

Einer der prominentesten „Touristen“ in der Garnisonkirche war Napoleon, der eigens eines Nachts kam, um der Grablege Friedrichs des Großen seine respektvolle Aufwartung zu machen. Weniger gern erinnert man sich an Hitler, der hier am Tag von Potsdam, dem 21. März 1933, die Eröffnung des Reichstags zelebrieren ließ – bis heute ein Fakt, mit dem das Wiederaufbauprojekt in der Öffentlichkeit zu kämpfen hat.

Wer heute am ehemaligen Kirchenstandort steht, braucht schon eine Portion Fantasie, um sich das alles vorzustellen. Denn seit der Sprengung des Gotteshauses im Jahr 1968 bis 1989 wurde jede Erinnerung konsequent ausradiert. Bauliche „Highlights“ sind momentan ein Studentenwohnheim in scheußlicher Schuhschachtel-Architektur und ein DDR-Plattenbau mit dem Rechenzentrum der Landesregierung. Doch die Tage der „Platte“ sind gezählt.

Potsdam hat den Wiederaufbau der in der DDR als Kriegsruine gesprengten Garnisonkirche genehmigt. Schon 2017 soll die Replik des prägnanten Barockturms mit einer spektakulären Aussichtsplattform eingeweiht werden.

Die Stiftung Garnisonkirche, die den Wiederaufbau seit Jahren gemeinsam mit einer sehr rührigen Fördergesellschaft betreibt, spürt Morgenluft seit der Übergabe der Baugenehmigung am Montag – höchstpersönlich durch den Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der die Landeshauptstadt im Stiftungskuratorium vertritt.

Die frohe Kunde wurde gestern vor Journalisten von drei – sichtlich erleichterten und zufriedenen – Kuratoriumsmitgliedern verkündet: Ex-Bundeswehroffizier Burkhart Franck, der die Fördergesellschaft im Kuratorium vertritt; außerdem der frühere Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber als Vorsitzender und Altministerpräsident Manfred Stolpe als Doyen, der in den letzten Monaten auch als eine Art „Unterhändler“ und Brückenbauer zwischen der Stiftung und der Fördergesellschaft fungiert hatte. Streitpunkt war die Kapelle im Turm gewesen.

Die Mitglieder der Fördergesellschaft hatten sich an dem ursprünglichen Entwurf – einem lichtdurchfluteten achteckigen Raum – des renommierten Architektenbüros „Hilmer & Sattler und Albrecht“ gestoßen. „Zu wenig preußisch, zu pompös“, mehr Kathedrale als Kapellenbau, lauteten die Einwände. Fast wäre die Freundschaft mit der Stiftung, die zunächst auf stur schaltete, darüber zerbrochen.

Gestern nun konnte die symbolische Friedenspfeife geraucht werden. Architekt Christoph Sattler präsentierte einen Entwurf mit wesentlich niedrigerem Gewölbe und kreuzförmigem Grundriss. „Es hat nicht mehr so etwas Pathetisches, sondern Ernsthaftigkeit“, erklärte Sattler den Schwenk von der „vorreformatorischen Seite“ zur „preußisch-reformatorischen Seite“.
Die Aufbauhelfer

Am 15. Januar 2004 gründete sich die Fördergesellschaft Wiederaufbau Garnisonkirche. Mehr als hundert Persönlichkeiten aus Brandenburg und Berlin unterzeichneten den „Ruf aus Potsdam”, der zum Wiederaufbau der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche aufrief. Schirmherren waren Landesbischof Huber, Ministerpräsident Platzeck und Innenminister Schönbohm.

Am 23. Juni 2008 wurde im Anschluss an einen Gottesdienst mit Bischof Huber die kirchliche Stiftung Garnisonkirche Potsdam gegründet. Auf den Tag genau vierzig Jahre zuvor hatte man die trotz Kriegsschäden wiederaufbaufähige Kirche gesprengt.

In den letzten Monaten gab es wegen des Aussehens der Kapelle einen Konflikt zwischen Stiftung und Fördergesellschaft, der nun beigelegt werden konnte.

Das Büro „Hilmer & Sattler und Albrecht“, das den Turm baut, ist international tätig.

Auf Heinz Hilmer und Christoph Sattler (siehe Foto) geht unter anderem die Struktur des neuen Potsdamer und Leipziger Platzes zurück. Mit ihrem Masterplan gewannen sie diesen ersten großen städtebaulichen Wettbewerb nach dem Fall der Mauer. In Potsdam baut das Büro zum Beispiel den Palast Barberini.

Bleibt noch die Frage der Finanzierung. Momentan herrscht Ebbe in der Kasse. „Aber jetzt kommt Bewegung in die Sache“, sagte Altministerpräsident Stolpe gestern. Er zeigte sich optimistisch, dass ein Baustart 2014 möglich sei und zum Anfang „die Rechnungen von bis zu zwölf Millionen bezahlt werden können“. Insgesamt wird der Turm 40 Millionen kosten.

Die Garnisonkirche Potsdam

Die evangelische Garnisonkirche wurde auf Beschluss des preußischen Königs Friedrich Wilhelms I., des Soldatenkönigs, für den Hofstaat und die Militärgarnison in Potsdam errichtet. Der Barockbau des Architekten Johann Philipp Gerlach wurde 1732 eingeweiht und 1735 mit der Vollendung des mehr als 80 Meter hohen Turms fertiggestellt.

1740 wurde der Soldatenkönig in der Gruft der Kirche beigesetzt.

1786 wurde dort auch sein Sohn und Nachfolger Friedrich der Große bestattet. Die Nazis brachten die Särge 1943 zur Vermeidung von Kriegsschäden an einen anderen Ort. 1817 wurde in der Kirche die Vereinigung von Lutheranern und Reformierten zur unierten preußischen Kirche gefeiert.

Am „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 nutzten die Nazis die Garnisonkirche zur Inszenierung der Eröffnung des neu gewählten Reichstags. Bei einem alliierten Luftangriff im April 1945 brannte die Kirche aus. In der DDR ließ die SED-Regierung die Ruine im Juni 1968 abreißen. Am historischen Standort wurde ein Rechenzentrum errichtet.

Seit den 90er Jahren bemühen sich verschiedene Akteure um den Wiederaufbau der Kirche. 2005 wurde der Grundstein gelegt, 2008 die Stiftung für den Wiederaufbau gegründet. Nach aktuellen Planungen soll zunächst ab 2014 bis zum 500. Reformationsjubiläum 2017 der Kirchturm gebaut werden.

(Märkische Allgemeine Zeitung, .07.2013, von Ildiko Röd31)

Back