POTSDAM / INNENSTADT – Das Projekt Wiederaufbau Garnisonkirche leidet wegen des so genannten „Tags von Potsdam“ nach wie vor an einem Imageproblem, das sich negativ auf das Spendenvolumen auswirkt. „Es gibt eine Blockade bei potenziellen Großspendern, gerade im Bereich der Industrie“, sagte Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe am Sonnabend nach der Einweihung der temporären Kapelle am früheren Kirchenstandort an der Breiten Straße.
Am 21. März 1933 kam es vor der Kirche, wo der Festakt für den neu gewählten NSDAP-dominierten Reichstags gefeiert wurde, zum Handschlag zwischen Reichskanzler Hitler und Reichspräsident Hindenburg.
Die von der Goebbels-Propaganda symbolträchtig verwerteten Bilder wirken bis heute nach. Laut Stolpe, der als Kuratoriumsmitglied der Garnisonkirchenstiftung für das Projekt wirbt, gibt es zwar „viele Sympathisanten in Deutschland und auch darüber hinaus“ für den Bau. Dennoch überwiege die Furcht, „in den Medien vorgeführt zu werden“, so Stolpe: „Ich habe mehrmals erlebt, dass potenzielle Spender sagen: ,Wenn wir uns hier stark engagieren, kommen wir in den Ruf, Sympathisanten der Nazis zu sein.’“ Zur Entkräftung dieser Vorurteile sollen vermehrt „international akzeptierte Historiker“ gewonnen werden, um die „historische Wahrheit über den Tag von Potsdam“ herauszuarbeiten. So habe es damals innerkirchlich große Widerstände gegen die Feierlichkeiten gegeben, so Stolpe.
„Der Widersprüchlichkeit, die sich mit diesem Ort verbindet, werden wir uns immer stellen“, sagte Altbischof und Kuratoriumsvorsitzender Wolfgang Huber in seiner Predigt; unter den Gästen auch Ex-Innenminister und Kuratoriumsmitglied Jörg Schönbohm. Ein offizieller Vertreter der Stadt fehlte.
Zuvor hatte ein Dutzend Mitglieder der „Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ an der Breiten Straße ihren „Widerruf aus Potsdam“ verlesen; als Anspielung auf den einstigen Aufbau-Startschuss „Ruf aus Potsdam“. Ihre Forderung: Statt die Kopie eines „unheilvollen Symbols“ aufzubauen, soll ein städtebaulicher Wettbewerb mit Blick auf die ganze Breite Straße ausgeschrieben werden. Die Stimmung zwischen Kritikern und Befürwortern blieb entspannt. Am 23. Juli wird in der Kapelle erstmals „Wochenschluss-Gottesdienst“ gefeiert. Auch Taufen und Hochzeiten sind in der Kapelle möglich, die zur Gemeinde Heiligkreuz gehört. Perspektivisch will man sich „Gedanken darüber machen“, hier eine Gemeinde zu schaffen, so Pfarrerin Juliane Rumpel. Im Juli beginnen die Grabungen nach dem Kirchenfundament. (MAZ vom 27.06.2011, Von Ildiko Röd)