11/01/2017 | Frauen reden zu Tisch – Potsdamer Tischreden am Vorabend des Reformationstags

Ist die Beteiligung von Frauen in den Sphären der Macht eine moderne Form patriarchalen Ablasshandels? Das besagt eine der Thesen, die Frauen zum gemeinsamen Essen am 30. Oktober in der Nagelkreuzkapelle mitgebracht haben. Das Motto der Tischreden lautete diesmal: "Genau hinsehen – FrauenSicht".

Frauentafel in der Nagelkreuzkapelle

Frauentafel in der Nagelkreuzkapelle, Foto: Simone Ahrend, sah-photo

Pfarrerin Cornelia Radeke-Engst mit Seyran Ates

Pfarrerin Cornelia Radeke-Engst mit Seyran Ates, Foto Simone Ahrend, sah-photo

Irmgard Schwaetzer spricht zu Tisch

Irmgard Schwaetzer spricht zu Tisch, Foto Simone Ahrend, sah-photo

Ist die Beteiligung von Frauen in den Sphären der Macht eine moderne Form patriarchalen Ablasshandels? Das zumindest besagt eine der Thesen, die Frauen zum gemeinsamen vegetarischen Essen am 30. Oktober in der Nagelkreuzkapelle mitgebracht haben. Die Pfarrerin der Profilgemeinde, Cornelia Radeke-Engst, hatte dazu eingeladen. Das Motto der Tischreden lautete diesmal: "Genau hinsehen – FrauenSicht".

Es wurde ein munterer, kämpferischer Abend. Radeke-Engst, die die 2011 von ihr in Berlin initiierte Veranstaltung im Jahr ihres Amtsantritts 2014 nach Potsdam mitbrachte, erinnerte daran, dass die Kirche sich in fortwährender Erneuerung befinde - "Ecclesia semper reformanda - und freute sich über die "Vielfalt von Meinungen und die Vielfalt von Herkunft". Zu Tisch sprachen Seyran Ates, Moscheegründerin in Berlin, Susanne Karl-Passoth, Kirchenrätin i. R. und langjährige Landesfrauenpfarrerin und Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg, Martina Münch, Landesbildungsministerin Brandenburg und EKD-Präses Dr. Irmgard Schwaetzer, ehemalige Bundesministerin. Cornelia Radeke-Engst führte durchs Drei-Gang-Menü, die Musikerin Elisabeth Goetzmann rahmte den Abend mit Pianostücken. Rund 40 Frauen aus Wirtschaft, Kirche, Politik, Wissenschaft und anderen Bereichen der Gesellschaft nahmen das Angebot an.

Neben der Muslimin Ates bereichert im Reformationsjubiläumsjahr Martina Münch als bekennende Katholikin den (inter)religiösen Dialog. Allerdings waren diesmal außer dem Koch auch drei andere Männer zugelassen: Seyran Ates, eine Juristin türkisch-kurdischer Abstammung, die als Vertreterin eines liberalen Islam gefährdet ist, hatte drei Personenschützer an ihrer Seite. Auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern auch im Islam zielte denn auch ihre Tischrede ab. Besonders das Kopftuch als Zeichen der patriarchalen Unterdrückung sei ihr ein Dorn im Auge. Vehement sprach Ates sich gegen den Kopftuchzwang in vielen islamischen Gemeinden aus. Immerhin findet ihr Kampf für Gleichberechtigung auch bei Männern Zuspruch: Zu ihrer, die in einem Nebengebäude der Berlin-Moabiter Johanniskirche ihre Gebete abhält, gehören je zu gleichen Teilen männliche und weibliche Mitglieder. Immerhin findet ihr Kampf für Gleichberechtigung auch bei Männern Zuspruch: Zu ihrer Ibn-Rushd-Moschee, die in einem Nebengebäude der Berlin-Moabiter Johanniskirche ihre Gebete abhält, gehören je zu gleichen Teilen männliche und weibliche Mitglieder.

Gleichberechtigung gibt es auch in der „westlich“ geprägten Wissenschaft noch nicht, mahnte Dr. Schwaetzer in ihrem Part. Sie vergegenwärtigte die Impulse der Reformation auch für und drängte auf die Gleichstellung von Frauen in der Kirche, während Karl-Passoth an die Unterdrückung und das Leid von Frauen durch Zwangsprostitution und Armut erinnerte. Manche Männer beklagten eine "Verweiblichung der Theologie", ergänzte Asmus und fragte: "Wie können wir genau hinsehen mit unserer fraulichen Sicht auf die Zeit?".

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