POTSDAM / INNENSTADT – Dass sie in der Schule ein Frauentagsgedicht gelernt hat, fällt Juliane Rumpel immerhin ein: „Meine Mutti, die ist tüchtig! Alles macht sie flink und richtig. Schafft zu Haus’ und im Betrieb; Mutti, ich hab’ dich so lieb.“ Ansonsten, ergänzt die junge Frau, sei ihr das Datum heute „eher fremd“.
Juliane Rumpel ist seit 2011 Pfarrerin im Entsendungsdienst an der Stiftung Garnisonkirche. Ihrer Familie ist konfessionell gebunden, aber das allein ist kein Grund, den Frauentag überflüssig zu finden. Dennoch: „Wir haben ihn nie gefeiert, weil gegenseitige Wertschätzung nicht auf einen Tag beschränkt sein sollte.“ Kommuniziert hat die Einstellung bereits ihre Großmutter, geboren 1915. „Bei Frauentagsfeiern im Betrieb blieb sie pro forma, so lange man zusammensaß. Sie empfand es wie einen Kollektivgeburtstag.“ Ein guter Freund, berichtet die Seelsorgerin, sei Abteilungsleiter in einer Dresdner Firma. „Er verteilt am Frauentag Blumen an seine Angestellten und erntet bei älteren Arbeitnehmerinnen Lob. Weil er aus dem Westen stammt, wo der Frauentag nicht gefeiert wird. Bei uns gibt es Frauen, denen das wichtig ist. Die sind so aufgewachsen“, kann die 31-Jährige nachvollziehen. Einmal, lenkt Juliane Rumpel dann ein, hätte auch sie den Ehrentag der Frauen begangen: am 8. März 2000. „Da war ich im Freiwilligen Ökumenischen Jahr auf Kuba, wo Frauentag ein Riesending ist. Zur Feier das Tages durften alle Frauen an einer langen Tafel Platz nehmen und wurden von männlichen Kollegen mit Saft bewirtet und mit Blumen beschenkt.“ Juliane kann ihr Lächeln nicht verbergen, als sie fortfährt: „Die Szene wirkte aufgesetzt. Kubanische Männer sind Machos und mit einem Mal laufen die mit Saftkrügen durch die Reihen, wie dressiert.“
Auf Kuba entschied die gebürtige Königs-Wusterhausenerin, Pfarrerin zu werden. Für drei Jahre ist sie in Potsdam verpflichtet – in einer Gemeinde, die sich erst noch bilden muss. „Ich empfinde es als Chance, jenseits etablierter Strukturen zu arbeiten“, urteilt Juliane Rumpel. „Die Garnisonkirche ist eine Gemeinde im Wandel. Das entspricht unserem Zeitgeist.“ (MAZ vom 08.03.2012, Von Tanja Kasischke)