POTSDAM. Am Anfang war es nicht gerade eine Herzensangelegenheit. Peter Bauer gehört zu diesem besonderen Menschenschlag, der sich gerne und aus tiefer Überzeugung engagiert. Er hat die Reparatur einer heruntergekommenen Waisen-Internatsschule in Tilsit bei Kaliningrad vorangetrieben. Er ist Gründungsmitglied des Vereins zum Bau einer neuen Potsdamer Synagoge. Er sitzt im Kuratorium der evangelischen Hoffbauer-Stiftung. Doch dem Wiederaufbau der Garnisonkirche stand Bauer lange neutral gegenüber. “Ich hatte keinen besonderen Bezug dazu”, sagt er. Nun ist er bald zwei Jahre der Cheforganisator des nach wie vor umstrittenen Projekts, für das er Millionen sammeln muss. Dass es gelingen wird, daran zweifelt kaum noch jemand.
Etwas verloren steht der nachgebaute Gewölbebogen der Garnisonkirche auf dem Bürgersteig an der Potsdamer Verkehrskreuzung Breite-/Ecke Dortustraße. Wo noch bis zur Sprengung auf Weisung der SED 1968 die im Krieg stark zerstörte Barockkirche stand, befindet sich ein DDR-Zweckbau. Eine Ausstellung zeigt dort, welche Anmut dieser Ort einst besaß.
Regelmäßig finden auch Veranstaltungen statt. Vor einem Jahr etwa thematisierte ein mit dem Moses-Mendelssohn-Zentrum ausgerichtetes Symposium den “Tag von Potsdam”. Jenen 21. März 1933, als die Nationalsozialisten nach gewonnener Reichstagswahl einen Festakt in der Garnisonkirche inszenierten, um sich als Wahrer preußischer Tradition zu gerieren und bei dem es zu dem symbolträchtigen Handschlag zwischen Adolf Hitler und dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg kam. Auch im 800 Mitglieder zählenden Förderverein für den Wiederaufbau war umstritten, dass wieder jene Minuten aus der über 200-jährigen Kirchengeschichte im Fokus standen, die ihren Ruf so nachhaltig ruiniert haben. Ein Amerikaner fragte Bauer später bewundernd, wie es nur gelungen sei, eine solche Veranstaltung gemeinsam mit einer jüdischen Einrichtung auszurichten.
Der heute 70-jährige Pensionär war Marineoffizier, bevor er 1992 als Aufbauhelfer nach Potsdam kam. Er kann organisieren. Und moderieren. Als Käptn Bauer wurde er eine Institution. Der Spitzname hat bei dem stets freundlichen, nachdenklichen Mann einen vollends unmilitärischen Klang. Eigentlich wollte der gebürtige Hamburger Pfarrer werden. Seit Jahrzehnten ist er als kirchlicher Laie aktiv. Obwohl da vieles zusammen passte, sperrte sich Bauer lange gegen den ihm angetragenen Vorsitz der Fördergesellschaft. “Aber ich habe in meiner Ausbildung gelernt, dass es Situationen gibt, wo man mit Anstand untergehen muss.” Die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel, die den Wiederaufbau seit der Wende vorangetrieben hatte, hatte sich mit der Kirche und der Stadt Potsdam vollends überworfen. Den Spendensammlern ging es um die Erinnerung an den Preußenkönig Friedrich Wilhelm I., der die imposante Kirche 1733 bis 1735 erbauen ließ. Das vertrug sich gar nicht mit den Ideen für ein überregionales Versöhnungszentrum mit religiöser Nutzung. Der “Ruf aus Potsdam”, in dem die Schirmherren Ministerpräsident Matthias Platzeck, Innenminister Jörg Schönbohm und Bischof Wolfgang Huber 2004 den Wiederaufbau forderten, drohte zu verhallen.
Mittlerweile hat Peter Bauer die Gründung einer eigenen, kirchlichen Stiftung für den Wiederaufbau bewerkstelligt. Wohl im April sollen die elf Kuratoren vorgestellt werden. Auch finanzkräftige Vertreter aus der Industrie und der Finanzwirtschaft werden darunter sein. Selbst die Linksfraktion stimmte dem Beitritt der Stadt Potsdam zur Stiftung zu – nach vielen Einzelgesprächen mit Käptn Bauer. “Ich habe viel gelernt”, sagt er über seine Erfahrungen im Förderverein. Solche Sätze sagt Bauer oft, wenn er aus seinem Leben erzählt. Etwa von Strausberg, wo er 1990 in der Verbindungsgruppe des Bundesverteidigungsministeriums die Vereinigung beider deutscher Armeen mit vorbereitete.
Mit dem Wiederaufbau des Stadtschlosses am Alten Markt und der Rekonstruktion des Stadtkanals, davon ist Bauer überzeugt, wird auch die Spendenbereitschaft für die Garnisonkirche weiter wachsen. Der Turm werde, wie geplant, bis 2017 stehen. 25 Millionen Euro muss er dafür sammeln. “Das ist dann auch ein Fingerzeig nach oben, der sagt, wir haben gelernt.”
In Begeisterung kann sich Bauer reden, wenn er von dem Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft spricht, für den die Garnisonkirche stehen soll: “In Berlin werden Entscheidungen gefällt. In Geltow bereiten sich deutsche Soldaten auf Auslandseinsätze vor. Sich hier, an dieser Schnittstelle, mit den grundsätzlichen Fragen von Frieden und Versöhnung auseinanderzusetzen, etwas Grandioseres kann es nicht geben.”
In unserer Serie stellen wir Brandenbürger vor – Menschen mit ungewöhnlichen Ideen, die engagiert und mit Erfolg in der Region wirken. (Von Andrea Beyerlein)