Ein umstrittenes Wahrzeichen Potsdams nimmt konkret Gestalt an. Der Bund unterstützt den Wiederaufbau der Garnisonkirche mit einer massiven Finanzspritze in Höhe von zwölf Millionen Euro.
Der geplante Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche kommt einen entscheidenden Schritt voran: Die Bundesregierung will das ambitionierte Projekt in den Jahren 2014 und 2015 mit insgesamt zwölf Millionen Euro fördern.
<header>Dies gab Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) am Montag in Berlin bekannt. “Damit soll das jahrzehntelange Engagement von Bürgern unterstützt und ein Signal für künftige Spender gesetzt werden”, sagte Neumann.</header>
Die Kosten der Rekonstruktion des im Krieg zerstörten evangelischen Gotteshauses sind auf 100 Millionen Euro veranschlagt.
Ein Drittel der Kosten für den Turm
Der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, Altbischof Wolfgang Huber, zeigte sich erfreut. “Der Beschluss der Bundesregierung bringt die Wiedererrichtung einen großen Schritt näher”, sagte er. “Denn mit den zwölf Millionen Euro ist etwa ein Drittel der Gesamtkosten für den Turm und die Seitenflügel abgesichert.”
Der Verwaltungsvorstand der Stiftung, Peter Leinemann, sagte der Berliner Morgenpost: “Mit der Förderung durch den Bund wird vor allem eines deutlich: “Beim geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche handelt es sich um ein Projekt von bundesdeutscher Bedeutung.”
Nach bisheriger Planung soll zunächst bis zum 500-Jahr-Gedenken des Reformationsbeginns 2017 der Turm der Kirche für rund 40 Millionen Euro in der Breiten Straße in Potsdam wieder aufgebaut werden. Der Bau des Kirchenschiffs kostet voraussichtlich weitere 60 Millionen Euro. Der Grundstein wurde bereits 2005 gelegt. Die Garnisonkirche war bis 1735 errichtet worden und galt als einer der bedeutendsten Bauten des norddeutschen Barock. Das Gotteshaus war 1945 durch Bomben zerstört und 1968 im Auftrag der DDR-Regierung gesprengt worden.
Wiederaufbau nicht unumstritten
Der Wiederaufbau der Kirche ist nicht unumstritten: Historisch bedeutsam wurde sie vor allem durch den “Tag von Potsdam”. Am 21. März 1933 waren Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg an den Grabstätten der Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II zusammengekommen, die in einer Gruft hinter dem Altar beigesetzt worden waren. Die Begegnung verschaffte Hitler große Unterstützung im nationalen Lager.
Gegner wie der evangelische Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer verlangen von der Kirche “statt der Rekonstruktion einer Militärkirche klare Worte gegen Waffenexporte und Militäreinsätze”. Befürworter wie der frühere brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hingegen wünschen sich eine Symbolkirche für Versöhnung, die auch ein Ort für den Dialog zwischen Christen, Juden, Muslimen und Atheisten sein soll.
Verwaltungsvorstand Peter Leinemann bezeichnete die von Kulturstaatssekretär Neumann angekündigte Förderung auch “als Initialzündung für die Spendenbereitschaft”. Die Kosten sollen nach dem Vorbild der Dresdner Frauenkirche vor allem durch Spenden aufgebracht werden.
Allein für die Kapelle und den Turm, die bis 2017 fertig sein sollen, rechnet die Fördergesellschaft mit Kosten von rund 40 Millionen Euro. 6,5 Millionen Euro seien bislang zusammengekommen und in den Wiederaufbau investiert worden, sagte Peter Leinemann. Die Werner-Siemens-Stiftung hat für den Wiederaufbau der Garnisonkirche eine Million Euro gespendet. Das war die bislang größte zusammenhängende Summe.
Die zweitgrößte Spende stammt aus dem Nachlass einer Verstorbenen in Höhe von 900.000 Euro. Sie war bis zu ihrem Tod Mitglied der Fördergesellschaft. Allein über die Ziegelspenden kommen pro Jahr rund 30.000 Euro zusammen, so Leinemann. Mehr als 8000 Ziegel seien bislang in Potsdam und übers Internet verkauft worden.
Seit Ende Juli liegt die Baugenehmigung durch die Stadt Potsdam vor. Auch ist der Streit zwischen Fördergesellschaft und Kuratorium beigelegt. Das Kuratorium hat inzwischen einen geänderten Entwurf für die Kapelle im Turm der neuen Garnisonkirche beschlossen. Nach Angaben des Architektenbüros Hilmer, Sattler & Albrecht soll die Kapelle schlichter und mit stärkeren preußisch-reformatorischen Akzenten gestaltet werden als bislang geplant.
Als Grundriss ist nun statt eines Achtecks ein Rechteck mit leichter Kreuzform vorgesehen. Zudem soll die Kapelle niedriger werden als vorgesehen.
Er sei “nicht mehr ganz so monumental, nicht mehr so pathetisch, dafür moderner und lichter”, sagte Architekt Christoph Sattler bei der Vorstellung der neuen Pläne. Der ursprüngliche Entwurf habe sich vielleicht zu sehr an frühchristlicher Architektur orientiert, wie sie im italienischen Ravenna oder in Konstantinopel (heute Istanbul) zu finden sei. “Das war nicht wirklich preußisch oder reformatorisch”, räumte er ein. Altbischof Wolfgang Huber begrüßte jüngst die neue tragfähige Lösung. Ihm war vor allem wichtig, dass in der Kapelle auch Raum für das Gedenken an die Widerständler vom 21. Juni 1944 geschaffen wird. Viele von diesen stammten aus dem Potsdamer Infanterieregiment 9. Dessen Hauskirche war die Garnisonkirche.
Beten, Erinnern, Bilden, Sehen
Altbischof Wolfgang Huber hat stets betont, dass mit dem Wiederaufbau des Gotteshauses ein inhaltliches Zeichen gesetzt werden soll. “Die Kulturbarbarei, den Turm der Garnisonkirche zu sprengen, soll nicht das letzte Wort haben”, so Huber. Geplant sei eine Kirche als Gedenkort, City-Kirche und Ort der Versöhnung. Und: “Wir belassen es nicht beim Begriff ,Versöhnung’, der von manchen als zu unbestimmt wahrgenommen worden ist, wir gehen weiter. Beten, Erinnern, Bilden, Sehen”, beschreibt er das Anliegen. (Berliner Morgenpost, 13.08.2013, von Gudrun Mallwitz)