Eine Bekannte machte einen Scherz. Ihre Mutter hätte sie auch „Zeppelina“ nennen können. Am 30. August 1909, dem Geburtstag von Ilse Nowak, war zum ersten Mal ein Zeppelin über die Stadt Berlin geflogen. Heute vor genau 102 Jahren wurde Nowak in Berlin-Tempelhof geboren. Heute lebt sie im Seniorenzentrum Emmaus-Haus in der Eisenhartstraße und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat sich als Gratulant angekündigt. Auf dem Tisch in ihrem Zimmer liegen viele Zeitungsartikel und Fotos aus ihrer Kindheit in Potsdam, Breite Straße. „Damals war das alles noch ganz friedlich, heute rasen die Autos da durch“, sagt die Jubilarin.
1913 wurde ihr Vater nach Potsdam versetzt, er war Zahlmeister im 1. Garderegiment. Die Familie wohnte in der Breiten Straße 4; das Umfeld der Garnisonkirche war ihr Zuhause. Einmal, als kleines Mädchen, führte sie Organist Professor Otto Becker (1870–1954) auf den 89 Meter hohen Turm der Garnisonkirche. „Er hat die Kinder einfach mitgenommen“, erinnert sie sich, 365 Stufen hinauf, „es war überwältigend“. Als sie oben war, erklang das Glockenspiel „wie vom Winde verweht“. Noch heute kenne sie alle Melodien des Glockenspiels. Später, als Mitglied im städtischen Chor, sang Ilse Nowak von der Empore der Garnisonkirche. Im Palast Barberini hörte sie Konzerte. Ihre Schule war das Lyzeum in der Dortustraße, auf einem Foto ihrer Klasse kennt sie noch alle Namen. Erst 1926 zog die Familie um in einen Neubau in der Kunersdorfer Straße. Ihre Ausbildung erhielt sie in der Potsdamer Handels- und Gewerbeschule. 1942 heiratete sie ihren ersten Mann, der im Krieg in Russland umkam. Erst fünf Jahre nach Kriegsende brachte ein Kamerad ihres Mannes die Nachricht von dessen Tod. Im Januar 1945 kam ihr erster Sohn zur Welt, der in der DDR bekannte Liedermacher Gerd Eggers. 1951 heiratete sie wieder, mit ihrem neuen Mann Erich hat sie zwei weitere Söhne.
Erst im Alter von 98 Jahren musste Ilse Nowak ihre Wohnung im Hertha-Thiele-Weg aufgeben. Im Emmaus-Haus vermisst sie nichts – außer ihr schönes Klavier. (PNN vom 30.08.2011, von Guido Berg)